Da stehe ich inmitten der wunderbaren Bergwelt und staune: der Nebel schmiegt sich um die grauen Felsen, steigt rauf und wieder runter, wie ein sanftes Tuch im Wind, mystisch, spielerisch, verzaubernd.
Ich geniesse es.
Es ist eisig kalt, ich stecke beide Hände tief in meine Jackentaschen, den Kopf ziehe ich ein, der Rucksack wärmt ein wenig. Einer Regung folgend, klaube ich mit steifen Fingern mein Handy aus der Tasche und knipse als Erinnerung den Moment, halte ihn fest für später.
Langsam setze ich meinen Weg fort, Stufe für Stufe, stetig bergauf.
Meine Hündin geht vor mir, macht Schwenker nach links und nach rechts, kontrolliert den Abhang mit einem prüfenden Blick, neugierig schaut sie auf die andere Seite des Tales, meine Knie werden weich, mein Herz ganz still, der Atem stockt.
"Hierher, komm, pass auf, komm zu mir!" Wir sind ein gutes Team.
Die letzten Meter nehme ich sie an die Leine, der Berg geht steil hinunter, der Wind säuselt sein Lied. Und dann kommen wir oben an, bei der Hütte: ein Hochplateau auf 2700 Metern über Meer.
Wow, einzigartig!
Zwar ist da noch immer ziehender Nebel, doch die Sonne drückt und wärmt ganz wenig, merklich spürbar. Wir sind ganz allein.
„Diese Berührungen, dieses Streicheln“, denke ich, „ wie schön das alles ist! Unspektakulär natürlich und gerade deshalb unschlagbar echt, ungekünstelt, ehrlich und direkt.“
Die Natur - sie nährt und stärkt!
„Und das wollen wir opfern, überlassen wir dem Untergang? Das darf doch nicht sein!“
Meine Augen werden feucht, der Wind wird beissend, frech zieht er mir einzelne Strähnen aus meinem Zopf. Die Nase tropft.
„Wo finde ich die Natur in mir? Wie hüte ich sie, wie entlocke ich mir meine Kraft, wie erhalte ich meine Lebendigkeit?“
Nachdenklich mache ich mich auf den Weg zurück ins Tal, begleitet von meiner treuen Freundin, welche nach wie vor mindestens das Doppelte meines Weges zurücklegt, ohne Mühe, motiviert und neugierig.
Wie viel ich lernen kann von ihr!
Später lichtet sich der Himmel und die Sonne tritt hervor. Zaghaft zuerst und immer wieder überdeckt von einer Restwolke. Doch dann setzt sich das Blau des Himmels durch ... und was macht sie, Nia, meine Hündin?
Eine Pause.
Sie legt sich ins warme Gras, streckt alle Viere von sich und lässt den Kopf ganz flach auf dem Boden ruhn. Demonstrativ geniesst sie die geschenkte Wärme, regeneriert und schliesst die Augen.
Auch ich setze mich in die Sonne, erfüllt vom Augenblick, geküsst von diesem Tag.
Zeit in der Natur. Zeit mit der Natur. Die Natur in mir füttern.
Da braucht es keine Worte, ein einziges genügt:
DANKE.
Herzlich und für dich persönlich
Edith