Gestern fand der fünfte und letzte Tag meines diesjährigen Glückslehrgangs statt.

In der Abschlussrunde meinte eine Teilnehmerin, dass sie andere Vorstellungen gehabt hätte von einem Glückskurs. Die Anderen stimmten ihr zu. Und alle lachten.

Das Glück hängt von mir selber ab, von meinen Schritten und der Gestaltung meines Lebens.

In jedem dieser fünf Tage durfte Grosses passieren. Erkenntnisse und AHA’s wechselten sich ab mit Geschichten aus dem täglichen Leben, wo gekämpft, erlitten und geklärt, wo aufgeräumt, entsorgt und erlesen, geliebt, genossen und gewürdigt wird.

Dankbar schaue ich zurück und ebenso in die Zukunft: ich bleibe dran, genau das erfüllt mich mit Glück.

Am Abend besuchte ich eine Lesung. Es wurden drei Werke präsentiert, alle handelten von Krieg, Flucht, unterdrückter Liebe und belastenden Wirren. Es war harte Kost. Die Musik begleitete sehr passend parallel dazu, stimmungserhellend war sie nicht, sollte sie auch nicht sein.

Erschlagen sass ich da, wollte zuhören, wollte dabei sein.

Die Realität dieser Themen ist nicht rosa. Doch dafür hatte ich mich ganz bewusst auf den Weg gemacht nach dem intensiven Arbeitstag.

Im Anschluss daran gab es einen Apéro. Die Gesichter entspannten sich, ebenso beruhigten sich die Gemüter. Alle hatten etwas zu sagen, man atmete wieder rhythmisch ausgeglichen ein und aus, Taschentücher waren keine mehr zu sehen. „Das muss wohl so sein“, denke ich, „die Welt beinhaltet Leid und Schmerz, wer könnte dies denn ununterbrochen aushalten und ertragen?“

Und ich realisierte mit einem Mal: da wurde Grosses vollbracht.

Denn dieser Abend war wichtig: Es gibt Worte, die schmerzen. Und doch müssen sie gesagt und gehört werden. Sie brauchen eine Stimme und sind die Landebahn für die Heilung.

Auch ich mag es zu lachen, fröhlich und ausgelassen Zeit zu verbringen. Der Genuss soll nicht zu kurz kommen, der Humor und das Schöne. Immer wieder hole ich sie ganz bewusst in mein Leben, schaffe Oasen, Ruhezeiten, Stille und die Zweisamkeit mit mir, die Gesellschaft mit mir lieben Menschen.

Doch komme ich umhin, mich dem Schmerz und dem Leid zu stellen?

Manchmal kann ich die vielen schlechten Nachrichten kaum ertragen und ich erlaube mir eine Abstinenz. Aber ist dies die Lösung? Ohren, Augen, Mund zu, wie die drei Affen? Unberührt bleibe ich trotzdem nicht.

Mitlaufen an Demos ist nicht mein Ding. Trotzdem fühle ich eine Verantwortung. Denn wir alle gestalten die Welt, nicht nur die Mächtigen, die Politik und die Wirtschaft. Schliesslich berührt mich der Kampf der Frauen im Iran ebenso, wie sämtliche Kriege dieser Welt.

Erinnerungen sind da und ich spüre Verbindung: Im Iran hatte ich berührend schöne Erlebnisse und Begegnungen mit Iraner*Innen, in Rwanda kam ich zum ersten Mal direkt mit der Situation Krieg in Berührung und in Mexiko begegnete ich schmerzlich der unkontrollierten Kriminalität.

Zugegeben, mein Wirken ist still und unaufgeregt, mehr im Hintergrund und von Du zu Du. Mich interessieren die kleinen Welten, das Inwendige, das Unbewusste. Auch da begegne ich Kriegsschauplätzen, Unterdrückung und Verletzung.

Doch wenn ich erlebe, wie aus der Dunkelheit ein Licht entsteht, wie sich in traurigen Augen ein Funke von Hoffnung zeigt, wenn aus dem "Nein" ein "Ja" werden darf oder von irgendwoher der Mut für ein „Nein“ entsteht. Ja, da bin ich Zeuge von etwas Grossem.

Und ich denke: "Das Grosse war auch einmal klein. Am Anfang."

Beginnen wir also dem Grossen zu dienen, indem wir klein anfangen und dranbleiben.

Dienen wir dem Leben, der Ganzwerdung, der Heilung. Und dafür braucht es dieses Nadelör, die Berührung und Betroffenheit.

 

Herzlich und für dich persönlich

Edith

 

 

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